Die E-Rechnung in der Kanzlei – Fortschritt oder Risiko?
Das Wachstumschancengesetz (Artikel 23, BGBl. 2024 I Nr. 108 vom 27.03.2024) ebnet den Weg für die flächendeckende Einführung der elektronischen Rechnung (E-Rechnung) im B2B-Bereich, also für Umsätze zwischen inländischen Unternehmen. Da Kanzleien als Unternehmen gelten, sind auch sie betroffen. Bei vielen Anwältinnen und Anwälten wachsen die Bedenken – vor allem hinsichtlich des Themas Datensicherheit.
Dieser Artikel erklärt, was die Pflicht zur Nutzung der E-Rechnung für Kanzleien bedeutet und welche Fristen für die Umstellung gelten. Sie erfahren, wie Sie die sensiblen Daten Ihrer Mandanten schützen und erhalten Antworten auf häufige Fragen in Zusammenhang mit der elektronischen Rechnung.
Was genau ist eine E-Rechnung?
Als E-Rechnung gilt eine Rechnung nur dann, wenn sie in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird, das eine automatische und elektronische Verarbeitung ermöglicht. Sie muss der europäischen CEN-Norm EN 16931 entsprechen. In Deutschland sind die gängigsten Formate:
- XRechnung: ein reines XML-Datenformat.
- ZUGFeRD (ab Version 2.1.1): ein Format, das eine für Menschen lesbare PDF-Datei mit einer eingebetteten, maschinenlesbaren XML-Datei kombiniert.
Wann ist eine E-Rechnung erforderlich?
Das Wachstumschancengesetz sieht eine schrittweise Einführung der E-Rechnung vor:
Empfang von E-Rechnungen:
Seit dem 1. Januar 2025 muss jede Kanzlei der EU-Norm entsprechende E-Rechnungen empfangen und verarbeiten können. Das betrifft etwa Rechnungen von Lieferanten und Dienstleistern der Kanzlei (z. B. IT-Service oder Büromaterial-Händler). Es besteht somit die Pflicht, die erforderlichen technischen Voraussetzungen zu schaffen.
Ausstellung von E-Rechnungen:
Ab dem 1. Januar 2027 müssen Kanzleien mit einem Vorjahresumsatz von mehr als 800.000 Euro ihren B2B-Mandanten (Unternehmen, Behörden, Organisationen) elektronische Rechnungen ausstellen.
Ab 1. Januar 2028 gilt die Pflicht zur Ausstellung von E-Rechnungen für alle Kanzleien.
Ausnahmen von der E-Rechnungspflicht:
Rechnungen, deren Gesamtbetrag 250 Euro brutto nicht übersteigt (§ 33 UStDV), sowie Rechnungen von Kleinunternehmern (§ 34a UStDV) müssen nicht als E-Rechnung ausgestellt werden.
Rechnungen an Privatpersonen:
Private Mandanten sind von den neuen Regelungen des Wachstumschancengesetzes ausdrücklich ausgenommen. An sie können Kanzleien weiterhin, wie gewohnt, sogenannte “sonstige Rechnungen” (in Papierform per Post oder als PDF-Dokument per Mail) versenden.
Wie sicher sind E-Rechnungen?
Außer per E-Mail können Kanzleien eine E-Rechnung auch über eine Onlineanwendung oder eine Schnittstelle empfangen und versenden. Hier ergeben sich potenzielle Sicherheitslücken, die Hacker für einen Angriff nutzen könnten.
Ein solcher Angriff kann schwerwiegende Folgen für Ihre Kanzlei haben: Neben dem Datenverlust besteht die Gefahr, dass das gesamte IT-System neu aufgesetzt werden muss und der Kanzleibetrieb gestört wird. Ganz zu schweigen von dem Imageverlust, der dabei droht.
Mit diesen Tipps bleiben die sensiblen Daten Ihrer Kanzlei geschützt:
8 Tipps für sichere E-Rechnungen
- Richten Sie ein spezielles E-Mail-Postfach für E-Rechnungen ein. Betrügerische E-Mails können durch dieses Vorgehen leichter identifiziert werden. Außerdem müssen Zugriffsrechte für das Postfach festgelegt und besondere Sicherheitseinstellungen aufgesetzt werden.
- Sensibilisieren Sie Ihr Kanzleiteam für Hinweise auf gefälschte Rechnungen, wie kleine Tippfehler oder eine leicht abweichende Absender-Adresse. Sollte es Unstimmigkeiten geben, haken Sie beim Rechnungssteller telefonisch nach. Auch E-Mail-Anhänge sollten immer mit Vorsicht geöffnet werden. Investieren Sie in eine spezielle Schulung zum Thema Cybersicherheit für Ihr Team.
- Bewahren Sie Ihre E-Rechnungen durch Verschlüsselung vor unbefugtem Zugriff – das gilt sowohl bei der Übertragung als auch bei der Speicherung.
- Gewährleisten Sie die Authentizität und Integrität der elektronischen Rechnung durch eine digitale Signatur.
- Schützen Sie die sensiblen Rechnungsdaten mit Passwörtern, Multi-Faktor-Authentifizierung oder rollenbasierten Zugriffsrechten.
- Sorgen Sie für Revisionssicherheit, indem Sie eine E-Rechnungs-Software einsetzen, die die gesetzlichen Anforderungen der Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form (GoBD) erfüllt.
- Achten Sie darauf, dass alle Prozesse in Zusammenhang mit der elektronischen Rechnung in einer Verfahrensdokumentation genau beschrieben und festgehalten werden.
- Verwenden Sie eine Software-Lösung, die DSGVO-konform agiert, verschlüsselte Schnittstellen bietet und die Daten in einem sicheren Rechenzentrum speichert.
Häufige Fragen zur E-Rechnung in Kanzleien
Ist eine als PDF per E-Mail verschickte Rechnung eine E-Rechnung?
Bei einer Rechnung im PDF-Format, die per E-Mail versendet wird, handelt es sich nicht um eine elektronische Rechnung im Sinne des Wachstumschancengesetzes, wenngleich sie auf elektronischem Wege übermittelt wird.
Wie wird sichergestellt, dass eine eingehende Rechnung auf dem Übertragungsweg nicht verändert wurde (z. B. die IBAN des Empfängers)?
E-Rechnungen können mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen werden. Diese Signatur funktioniert wie ein digitales Siegel. Sie sorgt dafür, dass die Rechnungsdaten nach dem Signieren nicht mehr verändert werden können. Eine moderne Kanzleisoftware kann diese Signaturen automatisch prüfen und warnt Sie bei Unstimmigkeiten.
Woran ist erkennbar, dass die Rechnung wirklich vom angegebenen Absender stammt und keine Fälschung (Phishing) ist?
Auch hier spielt die digitale Signatur eine entscheidende Rolle: Sie bestätigt die Identität des Absenders.
Was ist bezüglich der Dateigröße von E-Rechnungen zu beachten?
Die meisten Anbieter ermöglichen bis zu 15 MB. Anhänge werden meist mit bis zu 200 Seiten unterstützt.
Gilt auch für die E-Rechnung die gesetzliche Aufbewahrungsfrist von 10 Jahren?
Die Pflicht zur Aufbewahrung von elektronischen Rechnungen ergibt sich aus § 14b UStG sowie aus den GoBD. In § 14b UStG ist geregelt, dass elektronische Rechnungen für mindestens 10 Jahre unverändert, vollständig und jederzeit lesbar gespeichert werden. Die GoBD verlangen zudem die revisionssichere Archivierung von E-Rechnungen.
Welches sind die technischen Voraussetzungen, um für die E-Rechnungspflicht gerüstet zu sein?
Sie benötigen eine Softwarelösung, die
- Elektronische Rechnungen als solche erkennt.
- den Datensatz automatisch auslesen und validieren kann.
- die Daten idealerweise direkt in Ihre Buchhaltung oder Ihr Aktenkonto überträgt.
Eine moderne Kanzleisoftware mit E-Rechnungsfunktion ist hier der effizienteste und sicherste Weg.
Wie kann die allgemeine IT-Sicherheit in einer Kanzlei verbessert werden, um das Risiko von Phishing, Hackerangriffen und Datenverlust zu minimieren?
Investieren Sie in eine gute Antivirus -/ Antispy-Software und achten Sie darauf, dass Ihre Hard-und Softwaresysteme auf dem neuesten Stand sind. Anbieter von Kanzleisoftware wie KanzLaw halten IT-Security Pakete bereit, sodass Sie sich nicht um die technischen Einzelheiten kümmern müssen.